Einstufung als „sehr große Online-Plattform“ bleibt bestehen
Der Modehändler Zalando ist mit seiner Klage gegen die Einstufung als „sehr große Online-Plattform“ (VLOP) vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gescheitert. Die Richter bestätigten damit die Entscheidung der EU-Kommission, dass das Unternehmen unter die strengeren Regelungen des Digital Services Act (DSA) fällt.
Mit dem im Jahr 2023 in Kraft getretenen DSA will die Europäische Union die Verbreitung von Hassrede, Desinformation und illegalen Inhalten im Internet eindämmen. Besonders in die Pflicht genommen werden dabei Plattformen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU – sogenannte „Very Large Online Platforms“. Neben Social-Media-Giganten wie Facebook oder TikTok sind auch große Online-Marktplätze betroffen, etwa Amazon, Temu – und eben Zalando.
Zalando: Einzelhändler oder Plattform?
Zalando hatte sich gegen diese Einstufung gewehrt. Das Unternehmen argumentierte, es betreibe primär ein Einzelhandelsmodell und sei daher nicht mit Social-Media-Plattformen vergleichbar. Nur etwa ein Drittel des Geschäfts werde über das Partnerprogramm mit Drittanbietern abgewickelt. Diese Produkte würden sorgfältig kuratiert und durchliefen einen strengen Prüfprozess, so das Unternehmen.
Zalando kritisierte zudem die Berechnung der Nutzerzahlen: Die Kommission sei fälschlicherweise von 83 Millionen aktiven Nutzern ausgegangen, während nur etwa 30 Millionen tatsächlich mit Inhalten von Drittanbietern in Kontakt kämen.
Gericht weist Argumente zurück
Das EuG wies die Klage jedoch ab (Az. T-348/23). Das Gericht folgte der Auffassung der Kommission, dass nicht klar abgegrenzt werden kann, welche Nutzer mit Drittanbieter-Inhalten konfrontiert werden und welche nicht. Daher sei es rechtmäßig gewesen, alle Nutzer als potenziell betroffen zu zählen. Damit überschreitet Zalando deutlich die DSA-Schwelle von 45 Millionen aktiven Nutzern.
Zudem urteilte das Gericht, dass auch Marktplätze, über die rechtswidrige oder gefährliche Produkte verbreitet werden können, unter die besonders strengen Regeln des DSA fallen. Der Versuch Zalandos, sich auf seine hybride Geschäftsstruktur zu berufen, überzeugte die Richter nicht.
Konsequenzen für Zalando
Mit dem Urteil muss Zalando künftig weiterhin umfangreiche Pflichten erfüllen: etwa die schnelle Entfernung illegaler Inhalte, Risikobewertungen, die Einrichtung von Meldestellen für Behörden, sowie die Offenlegung von Algorithmen, insbesondere im Bereich personalisierter Werbung. Verstöße gegen diese Pflichten können mit hohen Bußgeldern geahndet werden.
In der Praxis ist Zalando auf die Anforderungen bereits vorbereitet. Das Unternehmen veröffentlicht regelmäßig Transparenzberichte und hat nach eigenen Angaben in den letzten Monaten in rund 370 Fällen eingegriffen – etwa bei fehlerhaften Produktbeschreibungen. Laut Zalando betrifft das jedoch nur 0,027 Prozent des gesamten Sortiments.
Berufung angekündigt
Zalando zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung und kündigte an, Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzulegen. Das Unternehmen kritisiert insbesondere die fehlende Trennschärfe bei der Definition „aktiver Nutzer“. Die derzeitige Auslegung führe zu einer Überregulierung, obwohl Zalando keine Plattform für direkte, ungefilterte Kommunikation sei – anders als soziale Netzwerke.
Anders als Google, Meta oder TikTok stellt Zalando jedoch nicht die grundsätzliche Legitimität der EU-Digitalgesetze infrage. Vielmehr geht es dem Unternehmen um die korrekte Einordnung seines Geschäftsmodells. Zalando unterstützt laut eigenen Angaben faire und wirksame Regulierung, warnt jedoch vor pauschalen Lösungen, die Unterschiede zwischen Handelsplattformen und sozialen Netzwerken ignorieren.