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Fragen an Günter Neunaber von der Rexor

Die Krise lässt sich am besten gemeinsam und partnerschaftlich meistern

Wo sehen Sie derzeit den größten Handlungsbedarf? Was ist das das drückendste Problem?

Das größte Problem ist die fehlende Liquidität aus den nicht getätigten Umsätzen in der Phase des Lockdowns. Leider gab es im Zeitraum des Lockdowns im Netz bereits deutliche Reduzierungen aktueller Ware. Das Ziel, Liquidität zu generieren ist deutlich wichtiger als das Rentabilitätsziel. Die Phase, in der im stationären Geschäft nicht im Sale verkauft wird, ist sehr kurz. Daher besteht die Gefahr, dass nicht genug Liquidität für die Bezahlung der Herbst-/Winterware zur Verfügung steht. Das Problem besteht somit nicht nur kurzfristig. Der Konsument ist „traumatisiert“ und kauft nicht unbeschwert wie vor der Pandemie ein. Zudem fehlte dem Konsumenten bisher das Angebot von Cafés und Restaurants. Trend ist gegenwärtig regional oder lokal, nicht in der City. Die Ansteckungsgefahr beim Einkauf soll so gering wie möglich sein. Im Textilbereich drücken bereits die nächsten Kollektionen. Nicht nur im Textil- sondern auch im Schuhhandel sind die Läger gegenwärtig mehr als voll, es herrscht ein gigantischer Warendruck. Auch aus dem Grund drohen massive Preisreduzierungen. Durch Insolvenzen, Geschäftsaufgaben und Unternehmen mit Liquiditätsproblemen wird die Preisschlacht weiter befeuert.

Welches sind Ihre Forderungen an die Politik? Wie bewerten Sie die bisherigen Finanzhilfen?

Die kleinen Unternehmen von null bis zehn Mitarbeiter hatten zunächst größere Schwierigkeiten an die KfW-Mittel zu gelangen. Die letzten zehn Jahre waren für die Industrie gute Jahre, in denen man auch Rücklagen bilden konnte, anders im Schuhhandel. Gerade die Bilanz des Jahres 2018 war durch den „Endless Summer“ gekennzeichnet, diese Zahlen sind nicht unwichtig für die Entscheidung bei den Kreditgebern.

Wie lauten Ihre wichtigsten Empfehlungen an den Handel, mit der Krise umzugehen?

Die Hygienevorschriften müssen eingehalten werden. Ein weiterer Lockdown muss verhindert werden. Der eher ängstliche Kunde muss Vertrauen durch Einhaltung der Hygienevorschriften in seiner Einkaufsstätte haben. Reduzierungen sollten soweit wie möglich hinausgezögert werden. Ware, die auch im kommenden Jahr modisch ist, sollte nicht reduziert bzw. auf das Lager gezogen werden. Teilweise geben die Lieferanten bereits Empfehlungen, welche Artikel auch im kommenden Jahr nur geringfügig oder gar nicht geändert werden. Gerade in den ersten Wochen des Lockdowns wurde vom Handel über die Möglichkeiten/Notwendigkeiten der Stornierungen der Aufträge für die Saison Herbst/Winter gesprochen. Problematisch ist zudem, dass durch Lockdowns in China, Indien aber insbesondere in Italien Lieferanten Leder, Sohlen und Komponenten schwerer bezogen werden könnten. Aus diesem Grund werden die Lieferanten es schwer haben, die gesamten Aufträge komplett auszuliefern.

Wie schätzen Sie die Situation des stationären Handels nach dem Lockdown ein?

In der Phase des Lockdowns haben etliche Verbraucher teilweise erstmalig online gekauft. Dienstleister wie HelloFresh machen nie dagewesene Umsätze. Aber gerade in den ersten zwei Wochen des Shutdowns war der Umsatz im Bereich Schuhe/Mode niedriger als viele erwartet haben. Der Konsument war lethargisch und mit der Situation überfordert, es bestand wenig der Drang nach dem Konsum von Mode. Positiv ist, dass es auch die Gegenbewegung gibt; den vermehrten Wunsch des Einkaufs bei regionalen/lokalen Anbietern. Neben dem Onlineeinkauf ist ein mögliches Ansteckungsrisiko bei einem Einkauf vor Ort am geringsten. Je mehr City-Lage desto schwieriger die gegenwärtige Einzelhandelssituation. Unverbindliches Bummeln findet gegenwärtig nicht statt. Weitere Leerstände aus allen Branchen werden zukünftig das Gesicht der Stadt weiter ausmachen. Aus diesem Grund sollte man zukünftig auch mit den Vermietern hinsichtlich einer Mietreduzierung das Gespräch suchen.

Haben Sie Maßnahmen ergriffen, um dem Handel zu helfen wie z.B eine Streckung der Zahlungsziele o.ä.?

Jeder Händler hat jeweils bei gleicher Herausforderung eigene unterschiedliche Rahmenbedingungen für die Bewältigung der Krise. Wir haben in den letzten Wochen viel telefoniert und versucht, individuell den Händlern zu helfen. Anfangs ging es vor allem um wirtschaftliche und rechtliche Aspekte. Wir haben Newsletter über die jeweils aktuellen Themen versendet und diese Themen auch tagesaktuell auf unserer Homepage festgehalten. Das werden wir auch weiterhin tun. Jetzt haben die meisten Händler die Anträge gestellt, die Liquidität ist überprüft, viele Häuser haben Kontakt zur DZB Bank aufgenommen. Die DZB Bank hat den Händlern Saisonkredite angeboten und arbeitet daran, Lösungen für den Einzelhandel für die kommenden Monate auszuarbeiten. Nicht ganz unwichtig dabei ist, dass die Lieferanten in den letzten Wochen für ihre eingereichten Rechnungen vertragsgemäß das Geld erhalten haben. Wir freuen uns, dass viele Lieferanten zugesagt haben, die Rechnungen für den die Saison Herbst/Winter zu valutieren. Die Herausforderungen sind groß. Eines ist sicher; die Krise lässt sich am besten gemeinsam und partnerschaftlich meistern.

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