Vorläufiger Insolvenzverwalter informiert Mitarbeiter des Hamburger Schuhhändlers
Der am 20. Januar vom Amtsgericht Hamburg bestellte vorläufige Insolvenzverwalter der Görtz Retail GmbH, Dr. Gideon Böhm, hat die rund 400 Mitarbeiter heute in einer Betriebsversammlung über die ersten Ergebnisse seiner Arbeit als Sachverständiger informiert: „Unsere Feststellung nach vier Tagen intensiver Prüfung ist eindeutig: Die Lage ist kritisch. Die Schwierigkeiten liegen insbesondere in der 2023 entwickelten, sehr ambitionierten Sanierungskonzeption; unter anderem weil die Investorin CK Technology Solutions GmbH aus Österreich nur den ersten Teil des im Rahmen eines Insolvenzplanes zugesagten Planbeitrages in Höhe von 500.000 Euro geleistet hat. Der zweite Teil in Höhe von 1,3 Millionen Euro wurde nicht gezahlt, sondern mit behaupteten Gegenforderungen verrechnet.“ Diesbezüglich ist seit Mai 2024 ein Rechtsstreit zwischen dem Insolvenzplanüberwacher und dem Investor beim Landgericht Hamburg anhängig.
Die vorangegangene Insolvenz, auf deren Grundlage die Mitarbeiter der Görtz Retail GmbH bereits Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit erhalten hatten, sei nicht beseitigt. Deshalb sei es nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit nicht möglich, den 400 Mitarbeitern jetzt erneut Insolvenzgeldleistungen zu gewähren. Diese Auffassung werde nun durch Arbeitsrechtler geprüft. Je nach Prüfungsergebnis seien weitere rechtliche Schritte möglich.
„Das am 20. Januar 2025 aufgrund von vier Fremdanträgen von Vermietern eingeleitete vorläufige Insolvenzverfahren erfährt somit eine enorm schwierige Ausgangssituation. Wir müssen bis zur endgültigen Klärung einer möglichen Gewährung von Insolvenzgeld versuchen, aus eigener Kraft so viel Liquidität wie möglich zu generieren, um die Gehälter der Mitarbeitenden zahlen zu können“, sagt Dr. Gideon Böhm. Mit dem Betriebsrat habe er sich ausgetauscht, die Motivation der Mitarbeiter nehme er als hoch wahr.
Der Geschäftsführer der Görtz Retail GmbH hat inzwischen angekündigt, sich den Gläubigeranträgen mit einem eigenen Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft anschließen zu wollen. Dieser soll in Kürze beim Insolvenzgericht Hamburg eingereicht werden.
Derweil haben sich bereits mehrere namhafte Kaufinteressenten beim vorläufigen Insolvenzverwalter gemeldet: „Wir haben sofort Gespräche mit den Interessenten aufgenommen. Oberstes Ziel ist es jedoch, die Gehaltszahlungen für alle Mitarbeitenden zu ermöglichen. Gleichzeitig setzen wir alles daran, dass es für das Traditionsunternehmen Görtz, dessen Mitarbeitenden und Kunden langfristig weitergeht“, erklärt Dr. Böhm. „Die Lösung dafür liegt allerdings nicht in unserer Hand.“ Die Görtz-Markenrechte sind nicht Teil der Görtz Retail GmbH, sie befinden sich im Eigentum einer österreichischen Gesellschaft.