Kein Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen

Birkenstock-Sandalen sind keine Kunst, urteilte der BGH.
Birkenstock-Sandalen sind keine Kunst, urteilte der BGH.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute ein wegweisendes Urteil gefällt: Die ikonischen Birkenstock-Sandalen genießen keinen Urheberrechtsschutz als Werke der angewandten Kunst. Damit wies das höchste deutsche Zivilgericht die Klagen der Birkenstock-Gruppe gegen mehrere Konkurrenten endgültig ab (Az. I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24).

Das Urteil im Überblick

Die Klägerin, Teil der Birkenstock-Gruppe, wollte vier ihrer bekanntesten Modelle – „Madrid“, „Arizona“, „Boston“ und „Gizeh“ – als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst anerkennen lassen. Dies hätte es ermöglicht, Nachahmerprodukte vom Markt zu verbannen und umfassenden Schutz weit über den abgelaufenen Designschutz hinaus zu beanspruchen.

Doch der BGH entschied anders. Die Richter urteilten, dass die Sandalenmodelle nicht die notwendige „Gestaltungshöhe“ erreichen, die für den Urheberrechtsschutz erforderlich ist. „Ein rein handwerkliches Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich“, erklärte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Hintergrund des Rechtsstreits

Der Rechtsstreit begann mit Klagen der Birkenstock-Gruppe gegen mehrere Konkurrenten, darunter die Wortmann-Gruppe und deren Tochterfirma shoe.com. Diese Unternehmen boten Sandalen an, die den Birkenstock-Modellen ähnelten. Nachdem das Landgericht Köln Birkenstock zunächst recht gegeben hatte, wies das Oberlandesgericht Köln die Klagen in zweiter Instanz ab. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidung.

Zentrale Frage war, ob die Birkenstock-Sandalen über ein Maß an kreativer Individualität verfügen, das sie als Werke der angewandten Kunst qualifiziert. Für den Urheberrechtsschutz ist es erforderlich, dass der Gestaltungsspielraum in einer Weise genutzt wird, die die persönliche Handschrift des Schöpfers erkennen lässt. Nach Auffassung des BGH war dies bei den Birkenstock-Modellen nicht der Fall.

Reaktionen auf das Urteil

Birkenstock zeigte sich enttäuscht. Unternehmensanwalt Konstantin Wegner betonte nach der Urteilsverkündung: „Unsere Sandalen haben ein ikonisches Design, das weltweit bekannt ist. Wir werden prüfen, ob weitere rechtliche Schritte möglich sind.“ Wegner verwies zudem darauf, dass auch Designklassiker wie Möbel im Stil der Bauhaus-Kunstschule urheberrechtlichen Schutz genießen.

Ganz anders fiel die Reaktion bei der Wortmann-Gruppe aus. Jens Beining, CEO der Wortmann Schuh-Holding KG, sprach von einem „Sieg für die gesamte Schuh- und Modebranche“. Das Urteil verhindere eine Ausweitung des Urheberrechtsschutzes auf einfache Designmerkmale und schaffe Rechtssicherheit für Hersteller. „Ein anderer Ausgang des Verfahrens hätte die Design- und Modeindustrie vor enorme rechtliche Unsicherheiten gestellt“, erklärte Beining.

Bedeutung für die Modebranche

Das Urteil hat weitreichende Folgen. Der BGH stellte klar, dass nicht jedes populäre oder ikonische Design automatisch urheberrechtlich geschützt ist. Für Unternehmen bedeutet dies Planungssicherheit: Der Schutz durch das Urheberrecht bleibt auf tatsächlich kreative Werke beschränkt.

Experten sehen das Urteil als richtungsweisend. „Es zieht eine klare Grenze zwischen Design und Kunst“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Lisa Mertens, Spezialistin für Urheberrecht. „Während Design eine Gebrauchsfunktion erfüllt und formalen Regeln folgt, muss Kunst individuelle Kreativität erkennen lassen. Diese Trennung hat der BGH heute noch einmal bekräftigt.“

 

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