Traditionshaus vor dem Aus
Nach fast 150 Jahren endet in Hamburg ein Stück Einzelhandelsgeschichte: Der insolvente Schuhhändler Görtz hat seine letzte Filiale in der Hansestadt geschlossen. Der Store in der Europa Passage wurde geräumt und wird am Freitag, 30. Mai, offiziell an den Vermieter übergeben. Zuvor hatten bereits das Stammhaus an der Spitalerstraße sowie die Standorte im Elbe Einkaufszentrum, im AEZ und im Mercado den Betrieb eingestellt.
Mit der Schließung der Hamburger Filialen ist der Schuhhändler, der 1875 in Barmbek gegründet wurde, am Ort seiner Gründung nicht mehr präsent. Die noch vorhandene Ware wurde in die verbleibenden Filialen nach Lübeck und Oldenburg gebracht. Auch ein Teil der Belegschaft wird dort weiterbeschäftigt. Die Löhne werden laut Insolvenzverwalter Gideon Böhm aus laufenden Verkaufserlösen finanziert.
Bereits im Januar hatte Görtz zum zweiten Mal innerhalb von zweieinhalb Jahren Insolvenz angemeldet. Zu Hochzeiten betrieb das Unternehmen über 160 Filialen in Deutschland und Österreich – heute ist nur noch ein Bruchteil davon übrig. Die Suche nach Nachfolgelösungen gestaltet sich schwierig, vor allem wegen hoher Mietrückstände an vielen Standorten.
Die Traditionsmarke kämpft zudem mit dem Ausfall ihres Online-Shops, der seit dem Sommer 2024 offline ist. Auch die ursprünglich als Rettung gefeierte Übernahme durch Investor Bolko Kissling ist ins Stocken geraten: Ein Gericht verurteilte ihn zur Zahlung von 1,3 Millionen Euro – das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Ob es für das Unternehmen noch eine Zukunft gibt, ist offen. Weitere Filialschließungen, etwa im Stern-Center Potsdam und im A10-Center Wildau, sind bereits angekündigt.
