Schuhhersteller steht wegen Einstellung des Wholesale für Merino Runners in der Kritik
Die Entscheidung des österreichischen Schuhherstellers Giesswein, seine Warengruppe „Merino Runners“ ab April nicht mehr über den Einzelhandel sondern nur noch direkt zu vertreiben, hat zu vielen Reaktionen aus dem Handel geführt. Wir stellen Ihnen stellvertretend zwei Meinungen aus dem Handel vor.
LESERBRIEF 1
Sehr geehrter Herr Giesswein, gerne möchte ich auf Ihr Schreiben vom Februar 2021 eingehen. Hier sieht man natürlich ganz klar, dass sich Ihr BWL-Studium oder der Unternehmensberater ausgezahlt hat. Ich habe es für mich einfach mal in eine Reinform übersetzt und würde jetzt gerne wissen, ob ich das so richtig verstanden habe?
„Sehr geehrte Idiot*innen,
vielen Dank, dass Ihr für uns die Marke „Merino Runners“ auf dem Markt eingeführt und uns damit ein zweites Standbein geschaffen habt. Jetzt haben wir uns natürlich mal so richtig den Kopf zerbrochen und festgestellt, dass wir den Einzelhandel für dieses Segment ja gar nicht mehr benötigen und uns so die erhöhte Gewinnmarge selbst einschieben können.
Wir mussten uns dafür nur noch die nötige Plattform schaffen, bei der Ihr uns auch in den vergangen Jahren und Monaten fleißig unterstützt habt. Da diese Plattform nun fehlerfrei läuft und das B2C-Geschäft hervorragend funktioniert, haben wir uns gedacht, warum machen wir es nicht einfach so wie die großen Sportartikelhersteller und verkaufen die Schuhe, in diesem Fall „Merino Runners“, einfach selber und haben dann auch noch die komplette Marktkontrolle über dieses Produkt!!!
Also noch mal für die ganz Dummen, in Zukunft könnt Ihr die Schuhe, die wirklich gut laufen, nicht mehr über unsere B2B-Plattform nachbestellen, da wir diese selber verkaufen und damit eine Menge Kohle verdienen. Die Reste werden natürlich noch ausgeliefert, aber danach gibt’s nichts mehr.“
Falls ich mit dieser Interpretation richtig liege, bitte ich um eine kurze Antwort und eine Erläuterung, warum Sie es nicht genauso schreiben? Ihr Anschreiben vom Februar 2021 ist, ehrlich gesagt, in Art und Formulierung meiner Meinung nach ein Schlag ins Gesicht eines jeden Geschäftspartners Ihres Unternehmens. Es gibt in Österreich dieses wunderschöne Sprichwort: Gier macht Stier
Hans Linse
Starnberger Schuhhaus, Starnberg
LESERBRIEF 2
Nach Rücksprache mit Giesswein werden die Händler den Merino Runner nur noch zum VK erhalten. Das verkaufsstärkste Produkt der Marke ist damit dem Händler genommen. Das von allen Händlern über Jahre beworbene, in Firmenauftritten aufgenommene Produkt weg, ein geplanter Umsatz für 2021 gestrichen. Und das in dieser Zeit der Pandemie. Eine Missachtung der Werbung und des Einsatzes vieler Giesswein-Händler. Der Verdruss, der Ärger bei allen ist groß.
Der gewählte Zeitpunkt ebenfalls gut gewählt, nachdem bereits viele ihre Order getätigt haben. Ich wünschte mir hier einen Zusammenhalt und glaube, wenn alle oder sehr viele Händler Giesswein aus dem Sortiment nehmen, Order stornieren, Giesswein in der Fläche in Deutschland nicht mehr präsent ist, wird es schwer für die Marke. Es gibt im Hausschuh-Bereich Gleichwertiges von wertigen Herstellern.
Den Merino Runner ausschließlich nur noch direkt zu vermarkten ist eine händlerfeindliche Handlung und zeigt deutlich, dass der Handel es zunehmend schwer hat. Hier werden dem Handel sichere Umsätze für die Zukunft gestohlen.
Ich werde den Hausschuh Bereich jetzt auf andere, gleichwertige Marken verlegen. Ohne Merino Runners ist Giesswein kein attraktiver Partner mehr. Mit diesem Geschäftsgebaren erst recht kein verlässlicher Partner mehr.
Hartmut Kempmann
Mehralsschlapppen ‒ das andere Schuhhaus, Brilon