Fragen an Fritz Terbuyken von der ANWR

Kurzfristig fehlt Umsatz und damit Liquidität

Die ANWR ist die größte Verbundgruppe Europas im Schuhbereich und damit besonders von der Coronakrise betroffen. Wir haben mit Vorstand Fritz Terbuyken über Unterstützung für Händler, die größten Herausforderungen und praktische Dinge wie die nächsten ANWR-Messen gesprochen.

SHOEZ: Als Handelskooperation sind Sie mit am heftigsten von der Coronakrise im Handel betroffen? Gibt es an deren Ende noch genügend Händler, die kooperieren können? Wieviel Schuhhändler wird es am Ende der Krise noch geben?

Wieviel Schuhe künftig gekauft werden, hängt davon ab, wie sich die Wirtschaft erholen wird. Wir geben weiter unser Bestes, um unseren Händlern die Vorteile zu verschaffen, die sie im Wettbewerb brauchen. Beratung, Messen, Formate und Zentralregulierung werden auch nach der Pandemie wichtige Beiträge für den Handel sein, unabhängig von der reinen Zahl der daran teilnehmenden Unternehmen.

SHOEZ: Was sehen Sie derzeit als größte Herausforderung für die Branche?

Kurzfristig fehlt Umsatz und damit zuerst Liquidität und dann nachhaltig Rendite, bei Lieferanten und Händlern.

SHOEZ: Was unternehmen Sie, um die Liquidität Ihrer Händler zu verbessern?

Wir haben Händlern und Lieferanten geraten, maximalen Gebrauch von staatlichen Programmen zu machen. Das Zusammenspiel von staatlichen Hilfen, Selbsthilfe der Unternehmer, Zahlungszielen von Lieferanten und zusätzlicher Saisonlinie der ANWR-Banken hat für die Zeit des Shutdown geholfen. Wir sind weiterhin in Gesprächen mit der Politik über zusätzliche Möglichkeiten zur Stabilisierung des Handels. Mit dem für den Mittelstand verantwortlichen Staatsekretär Bareiß im Wirtschaftsministerium haben wir einen fachkundigen Politiker an dieser wichtigen Stelle, der unsere Anliegen versteht.

SHOEZ: Wie beurteilen Sie das KfW-Sonderkreditprogramm? Ist dies hilfreich oder kann es die tatsächlichen Probleme nicht nachhaltig lösen?

Das Kreditprogramm ist hilfreich und schafft Liquidität für den Moment. Allerdings wäre die Bundesregierung gut beraten, die Zugangskriterien für die Schnellkredite nochmals zu überprüfen. Es folgen aber erhebliche Tilgungsbelastungen in der Zukunft. Die müssen gestemmt werden. Zudem bleiben auch laufende Kosten, wie zum Beispiel die Mieten. Hier erwarten wir eine partnerschaftliche Lösung unter Einbindung aller Beteiligten – der Politik, der Vermieter und des Handels. Denn dabei geht es nicht nur um jeden einzelnen Händler, sondern auch um vitale Innenstädte.

SHOEZ: Was können die Verbundgruppen neben finanzieller Unterstützung tun, um dem Handel direkt schnelle Hilfe zuteilwerden zu lassen? Wie sieht die Hilfe der ANWR aus?

Neben unseren Verhandlungen mit den Lieferanten im Interesse unserer Mitglieder unterstützen wir auf vielen Ebenen. Fachkundig und im persönlichen Gespräch stehen die Fachberater unseren Mitgliedern zur Seite, zum Beispiel bei der individuellen Beantragung der Fördergelder. Marketingmaterial zur Wiedereröffnung und Bezugsquellen für Desinfektionsmittel oder Masken waren bzw. sind wichtige Angebote, die unsere Händler gerne angenommen haben. Das Marketing-Team sorgt mit einer Reihe von Online- und Social Media-Angeboten dafür, dass unsere Mitglieder in engem Kontakt mit ihren Kunden bleiben. Das gilt auch für die Wiederöffnung der Geschäfte. Hier hat das Team eine Facebook-Kampagne unter dem Motto „local shoe love“ aufgesetzt, die den stationären Schuhhandel und seine besonderen Vorteile auf persönliche Art und Weise in den Vordergrund stellt.

SHOEZ: Seit Jahren spricht die Branche darüber, dass man wieder näher an den Verkaufszeitraum kommen müsse. Sehen Sie jetzt eine echte Chance, dies zu realisieren?

Mit den Kollektionen wieder näher an die eigentlichen Bedarfe zu kommen, gelingt uns jetzt wahrscheinlich leichter als vor Corona. Wir diskutieren mit Lieferanten- und Händlergruppen die nächsten Saisons und haben gemeinsam mit HDS/L und SABU dazu die bekannte Initiative gestartet. Die Chancen stehen also gut.

SHOEZ: Die Abstimmung mit den Lieferanten ist für den Handel jetzt extrem wichtig. Welche Ergebnisse konnten Sie für Ihre Mitglieder aushandeln?

Wir konnten viele Sondervalutierungen und Lieferstopps aushandeln. Viele Industriepartner sind an dieser Stelle partnerschaftlich auf unsere Forderungen eingegangen. Rechnungen und Bestellungen über unseren eigenen Großhandel haben wir mit 90 Tagen valutiert und die Auslieferung gestoppt oder Aufträge storniert.

SHOEZ: Haben Ihre Händler während der Krise vom E-Commerce profitieren können?

Insgesamt war während des Shutdown im Mode-Onlinehandel keine Euphorie zu spüren. Erfreulich für uns und die teilnehmenden Händler ist, dass entgegen diesem Trend die ANWR ihren Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum sehr deutlich steigern konnte und dabei Mitgliedern zu einer kleinen Umsatzkompensation verholfen hat. Ein intelligenter Mix an verschiedenen verkaufsfördernden Maßnahmen hat Wirkung gezeigt.

SHOEZ: Was empfehlen Sie den Händlern bei der Order für die nächste Frühjahr/Sommer-Saison?

Die aktuellen Planungen der meisten Händler lassen einen Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent für das laufende Jahr erwarten, parallel werden die Lager voller sein. Dies alles wird der Handel bei seiner Limitplanung für 2021 berücksichtigen müssen. Damit wird der Einkauf für die nächste Saison sehr herausfordernd.

SHOEZ: Werden in diesem Jahr noch einmal Orderveranstaltungen in Mainhausen stattfinden?

Unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmenbedingungen haben wir das Messegeschehen angepasst. Die ANWR Order Sport, die Campus First/O1 und auch die ANWR Order Fashion Days werden nicht wie geplant stattfinden. Die erste Messe für die Saison 2021 planen wir für den 8. bis 10. September, die zweite für den 6. bis 8. Oktober. Wir arbeiten derzeit daran, die Formate inhaltlich zu konzipieren.

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