Eine Milliarde Einkäufe weniger mit Bargeld

Aktuelle EHI-Studie belegt erhebliche und nachhaltige Veränderungen beim Bezahlen im stationären Einzelhandel

Infolge der Corona-Krise wird der Transaktionsanteil des Bargelds an den deutschen Einzelhandelskassen nach Berechnungen des EHI in diesem Jahr um 5 Prozentpunkte und der Umsatzanteil sogar um 5,3 Prozentpunkte erheblich zurückgehen. Entsprechend zulegen können in diesem Jahr die verschiedenen Varianten der Kartenzahlung, so die Ergebnisse der aktuellen EHI-Studie.

Krisengewinner girocard

Damit büßt Bargeld rund 1 Milliarde Transaktionen im Gesamtwert von 27,927 Milliarden Euro ein. Vor allem das Bezahlen per girocard und in deutlich geringerem Maß auch das Bezahlen per Kreditkarte profitieren davon. Der Anteil der girocard wird von 33,6 auf 40,2 Prozent steigen, während das unterschriftbasierte Lastschriftverfahren auf 5,8 Prozent etwa zwei Prozentpunkte verliert. Dennoch sind beide Varianten der girocard-Nutzung im Handel gemeinsam mit einem Anteil von 46 Prozent erstmals und sogar deutlich umsatzstärker als Bargeld.

„In jedem Fall wird das Jahr 2020 als das wachstumsstärkste Jahr für unbares Bezahlen in Deutschland seit Beginn der regelmäßigen Erhebungen durch das EHI im Jahr 1994 eingehen“, so Horst Rüter, Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme und Mitglied der Geschäftsleitung des EHI. Nur vergleichsweise moderat können Kreditkarten in der Krise profitieren. Ihr Anteil erhöht sich von 7,6 auf 8,4 Prozent. Hierbei sind auch App-basierte mobile Zahlungen, z. B. via Apple Pay oder Google Pay, berücksichtigt.

Hygienefaktor Karte

In der Krise, insbesondere während der ersten Lockdown-Phase im März und April, haben Handelsunternehmen aus Hygieneerwägungen zum Schutz von Kundschaft und Kassenpersonal verstärkt kontaktloses Bezahlen propagiert. Dabei konnten offensichtlich auch zahlreiche ehemalige Bargeldzahlende vom unbaren Payment überzeugt werden. Ein Großteil der gewonnenen Umsatzanteile ist auch in der Phase abgeschwächter Infektionszahlen bis August erhalten geblieben. Seit September legt der Anteil unbarer Bezahlarten sogar wieder zu.

LEH als Treiber der Entwicklung

Erhebliche Zugewinne beim bargeldlosen Bezahlen sind vor allem im Lebensmitteleinzelhandel zu verzeichnen. So wird den Berechnungen des EHI zufolge der Umsatzanteil von Bargeld bei Lebensmittel-Discountern in diesem Jahr von 56,2 auf 46,0 um gut zehn Prozentpunkte schrumpfen. Einige Unternehmen haben gerade in der Lockdown-Phase bei deutlichen Umsatzsteigerungen explizit für das Bezahlen mit Karte geworben. Ein ähnliches Bild ergibt sich in den Großflächenbetrieben des Lebensmittel-Einzelhandels, bei denen sich der Bargeldanteil in diesem Jahr von 47,2 auf 39,5 Prozent reduzieren wird.

Den erheblichen, teilweise zweistelligen Anteilsgewinnen der Kartenzahlung bei gleichzeitigen zweistelligen Umsatzzuwächsen des Gesamtgeschäfts im Lebensmittelhandel stehen die erheblichen Umsatzrückgänge in weiten Teilen des Fachhandels (u.a. Mode) gegenüber, der in der Lockdown-Phase geschlossen werden musste. Hier sind zwar ähnliche prozentuale Anteilsverschiebungen bei den Zahlungsarten zu verzeichnen, aber die Gesamtumsätze liegen in den meisten Betrieben im klaren zweistelligen Minusbereich. Ansonsten wäre der Rückgang des Bargeldvolumens sicherlich noch deutlich stärker ausgefallen als ohnehin schon für den gesamten Handel berechnet.

Nachhaltige Veränderung des Bezahlverhaltens

Die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Transfer vom Bargeld zur Karte nachhaltig ist. Für die nächsten Jahre erwartet das EHI weitere Zuwächse für unbares Bezahlen im Volumen von etwa 3 Prozentpunkten, insbesondere bedingt durch das bei Kundschaft und Handel gleichermaßen beliebte kontaktlose Bezahlen, das schon jetzt gut die Hälfte des Kartenumsatzes abdeckt und sich durch erhöhte Limits (girocard von 25 auf 50 Euro) und die krisenbedingten Hygienemaßnahmen des Handels weitere Anteile erschließen wird.

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