HDS/L-Projekt „Kreislaufwirtschaft“ erfolgreich gestartet
Mehr als 60 Teilnehmer kamen am 10. und 11. Dezember nach Berlin, um sich beim cads-Infotag mit den aktuellen Regulatorien und Herausforderungen rund um die komplexen Themen Digitaler Produktpass und ESPR (Öko-Design-Verordnung) zu beschäftigen. Am ersten Tag trafen sich die Nachhaltigkeitsexperten im renommierten Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration. Namhafte Referenten beleuchteten die Themen ESPR und DPP aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigten Lösungen auf. Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der Kreislaufwirtschaft. Für das Kick-off Meeting des Projekts Kreislaufwirtschaft in der Schuhbranche nutzten HDS/L und die Cads Community die „Retail Garage“ am Potsdamer Platz.
Die Themen und Referenten:
Dr. Ines Anderie, Abteilungsleiterin Chemie beim PFI Pirmasens, eröffnete die Veranstaltung mit einem Bericht über die Aktivitäten der cads-Arbeitsgruppe Chemikalien. Im Fokus ihres Beitrags: die Aktualisierung der cads RSL 2025 und neue Prüfmethoden von PFAS, so genannten Ewigkeitschemikalien, die in zahlreichen Produkten des Alltags eingesetzt werden, sehr langlebig sind, sich in der Umwelt verteilen und gesundheitsschädliche Wirkungen haben können. Mit Blick auf die Anforderungen der ESPR erläuterte Dr. Johannes Augustin Menges am Beispiel eines Sneakers die Ermittlung eines „Product Environmental Footprints“ für Schuhe. Wichtige Informationen zu Zielen und Umfang eines Projekts zum Thema Umweltfußabdruck (PEF), orientiert an der Screening-Ökobilanz (LCA), gab es anschließend von Paola Gamarra von Sphera Solutions.
Mit dem Thema Smart Textiles beschäftigte sich Malte von Krshiwoblozki vom Fraunhofer Institut IZM Berlin. Er erläuterte, wie RFID oder NFC-Chips in Textilien integriert werden und welche Herausforderungen beim Recycling entstehen. Danach präsentierte Eduard Wagner EU-Leuchtturmprojekte zum digitalen Produktpass „CIRPASS“ und „CIRPASS2″. Ebenfalls stellte er die „Studie zu Anforderungen und Barrieren für die Implementierung eines Digitalen Produktpass in der Schuhindustrie“ vor
Ein Update zum derzeitigen Status des Digitalen Produktpasses gab es von Jörg Gier. Am Beispiel von Avery Dennison (Hersteller von Selbstklebematerialien) zeigte er Technologien, Anwendungen und Grenzen auf.
Nikolai Kamenev vom August-Wilhelm-Scheerer-Institut informierte über die bisherige Zusammenarbeit mit der cads-Arbeitsgruppe Umwelt zum Thema DPP für die Schuhbranche. Sie stellte die Validierung und Analyse der Umfrageergebnisse vor, die zum DPP in der Schuhbranche durchgeführt wurden. Darüber hinaus präsentierte sie das 3-Stufen Modell für die mögliche Einführung eines Schuh-DPP.
Dr. Kristin Stechemesser vom Bundesumweltamt legte den aktuellen Stand der ESPR dar und zeigte auf, wie die drei Instrumente Ökodesign, umweltfreundliche Beschaffung und das EU-Ecolabel zusammenspielen. Am Beispiel Textilien stellte sie vor, wie sich die cads-Mitglieder auf die Erarbeitung möglicher Informations- und Leistungsanforderungen vorbereiten können, und welche Implikationen dies für das nationale Umweltzeichen „Blauer Engel“ hat – mit Ausblick auf das Produkt Schuh.
Im Anschluss bot Dr. Kathrin Kutlescha, Expertin für Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Produktpolitik, sowie politischer Referent bei der Europäischen Kommission, GD Umwelt, einen allgemeinen Überblick über die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte, die nächsten Schritte für die Einführung der Verordnung, einschließlich der Annahme des ersten ESPR-Arbeitsplans und den ESPR-Bestimmungen für unverkaufte Produkte.
Workshop Kreislaufwirtschaft – Kick-off Meeting erfolgreich gestartet
Der nächste Tag stand im Zeichen des HDS/L-Projektes „Kreislaufwirtschaft in der Schuhbranche. Kreisläufe schaffen. Zukunft sichern.“ Nach einleitenden Impulsvorträgen von Sophie van Kol (Fashion for Good), Samantha Galley (Repair your pair) und Carsten Anraths (Interzero), die sich mit den Themen Reparatur und Recycling in der Schuhbranche auseinandersetzten, stellten HDS/L-Hauptgeschäftsführer Manfred Junkert und HDS/L-Referentin Lea Gummersbach die Inhalte und Ziele des von der DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) geförderten Projektes vor. Prof. Dr. Stefan Schlichter von der Technischen Hochschule Augsburg (Wissenschaftlicher Partner des Projekts), skizzierte die aktuelle Situation am Beispiel von Textilien. „Temu und Shein überschwemmen den Markt, aber 80 Prozent der Menschen wollen angeblich nachhaltige Kleidung – wie passt das zusammen?“, fragt sich der Wissenschaftler auch mit Blick auf die Überproduktion von Textilien. „Das sind Themen, die zum Handeln zwingen, aber auch Chancen bieten“, ist Schlichter überzeugt. Vor dem Recycling gelte es jedoch weitere und andere Kreisläufe zu nutzen.
Für den cads-Vorsitzenden Andreas Tepest stellte der Workshop zur Kreislaufwirtschaft ein Highlight des cads-Infotags dar, „da er uns die Möglichkeit gibt, konkrete Ansätze zur Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung zu diskutieren“. Als besonders spannend sieht er die Themen: Sammlung und Rückführung von gebrauchten Schuhen. „Wie können wir eine flächendeckende und effektive Sammlung organisieren?“ Außerdem: Recyclinglösungen für komplexe Produkte. „Welche Technologien und Prozesse können uns helfen, die Materialvielfalt in Schuhen zu bewältigen?“ Branchenspezifische Standards. „Die Diskussion über gemeinsame Anforderungen an Materialien und Prozesse wird wegweisend für die Zukunft unserer Branche sein“, so Tepest.
Themen, mit denen sich die insgesamt fünf Projektgruppen (Zirkuläres Design & zirkuläre Entwicklung, Distributionsmanagement, Produktion & Nutzung, Rückführung und Wertstoffmanagement) in Zukunft beschäftigen werden. Nach einem Brainstorming-Workshop zur Ideengenerierung gilt es nun Termine für die ersten Arbeitstreffen zu definieren. HDS/L-Hauptgeschäftsführer Manfred Junkert hebt die rege Beteiligung hervor: „Wir können uns auf praxisnahe Diskussionen, neue Impulse und einen intensiven Austausch freuen, um die Weichen für eine nachhaltigere Zukunft in der Schuhindustrie zu stellen.“ Andreas Tepest zieht ein positives Fazit nach der zweitägigen, mit wissenswertem Know-how gespickten Veranstaltung. Sein Credo und Appell an die Branche: „Trotz der zahlreichen Herausforderungen bietet die Regulatorik auch Chancen, die wir nutzen sollten. Dabei sollten wir aber unsere Kunden mitnehmen. Wichtig ist, dass wir nicht in der Bürokratie ersticken und uns weiterhin um unsere Produkte kümmern dürfen.“