Retro-Modelle als Wachstumstreiber
Der Kontrast könnte größer kaum sein: Während Weltmarktführer Nike immer tiefer in die Krise rutscht, wächst bei der Nummer zwei auf dem Sportartikelmarkt der Optimismus: Adidas zeigt zweistellige Zuwachsraten und schraubt zum dritten Mal in sechs Monaten die Umsatz- und Gewinnerwartungen nach oben. Der Konzernumsatz werde in diesem Jahr währungsbereinigt um etwa zehn Prozent zulegen, teilte Adidas im fränkischen Herzogenaurach mit. Bisher hatte der Vorstand mit maximal neun Prozent gerechnet. Das operative Ergebnis soll 1,2 Milliarden Euro erreichen, 200 Millionen mehr als geplant.
Um das neue Gewinnziel zu erreichen, könnte Adidas sich im vierten Quartal auch rote Zahlen erlauben. Im dritten Quartal schnellte der Umsatz währungsbereinigt um zehn Prozent auf 6,44 Milliarden Euro nach oben, das Betriebsergebnis verbesserte sich sogar um 46 Prozent auf 598 Millionen Euro. Damit stehen nach neun Monaten 17,7 Milliarden Euro Umsatz und ein operatives Ergebnis von 1,28 Milliarden Euro zu Buche. Eigentlich hatte Vorstandschef Björn Gulden 2024 als Übergangsjahr bezeichnet. Zweistellige Wachstumsraten hatte er zu Jahresbeginn erst für das übernächste Jahr in Aussicht gestellt. Dann sollte Adidas auch eine operative Umsatzrendite von zehn Prozent schaffen ‒ wenn die Pläne aufgehen, fällt sie in diesem Jahr immerhin halb so hoch aus.
Adidas profitiert von seinen Retro-Modellen wie „Samba“ und „Gazelle“, die inzwischen als Freizeitschuhe wieder in sind. Gulden hat das Unternehmen zudem wieder näher an die Sport-Fachhändler herangerückt, während sein Vorgänger auf das Online-Geschäft und eigene Läden gesetzt hatte. Mit dieser Strategie hatte in diesem Jahr auch Nike-Chef John Donahoe Schiffbruch erlitten und musste gehen. Die Einzelhändler hatten neuen und hippen Marken wie „On“ und „Hoka“ mehr Platz in ihren Regalen eingeräumt, die Nike das Leben schwer machten.
Dabei sind die Zahlen von Adidas noch immer durch das Aus für den umstrittenen Rapper und Designer Kanye West („Ye“) verzerrt. Nachdem Adidas ihm nach einigen Skandalen vor zwei Jahren den Laufpass gegeben hatte, boomte der Verkauf der letzten von ihm designten „Yeezy“-Schuhmodelle, mit denen Adidas in guten Jahren Milliardenumsätze erwirtschaftet hatte. Ohne den „Yeezy“-Effekt läge der Umsatz von Adidas in den ersten neun Monaten 2024 sogar um 14 Prozent über Vorjahr. Zum Gewinn trug der „Schlussverkauf“ von Yeezy-Produkten in diesem Jahr noch 50 Millionen Euro bei.